Waldweide Goldberg

Waldweide Goldberg

Aktuell: Projekt Waldweide Goldberg entwickelt sich nach Plan

Seit ungefähr 10 Jahren wurde durch Rodungsmaßnahmen auf dem Goldberg die Vorraussetzungen dafür geschaffen, dass sich dort wieder die ökologisch wertvolle Landschaft "Waldweide" mit den namensgebenden Ginstern und Heiden entwickelt.

Waldweide

Das Projekt entwickelt sich aus ökologischer Sicht erfolgreich. Über die Fläche verteilt wurde im Sommer 2014 bereits blühende Heide gesichtet, sie wird sich in den kommenden Jahren weiter ausbreiten.

Totholz

Häufig ereichen uns Anfragen nach dem Holz von umgestürzten Bäumen, die in der Fläche liegen. Hier handelt es sich um ökologisch wertvolles Totholt, das vielen Tierarten als Nahrung und Heimat dient und darüber hinaus auch den Boden vor Erosion schützt. Es kann also nicht entnommern werden.


Der Goldberg

Der Goldberg, ein nach Südwesten geneigter Hang nördlich von Cölbe, war wohl schon in früheren Jahrhunderten eine Hutelandschaft, die von den Cölber Bürgern für den Auftrieb von Schweinen (im bewaldeten Talschluss) und Schafen oder Ziegen (im vorderen offenen Teil) genutzt wurde. Aufgrund der unrentabel werdenden Nutzung wurde die Beweidung des Goldbergs Mitte des 20. Jahrhunderts jedoch aufgegeben, die Fläche entwickelte sich zu Wald.

Die ‚Waldweide Goldberg’ ist ein Naturschutzprojekt, das die historische Nutzungsform einer halboffenen Hutelandschaft durch extensive Beweidung den heutigen Menschen näher bringen und zur Offenhaltung bestimmter Lebensräume sowie zur Herstellung von lichten Waldökosystemen und vielfältigen Wald-Offenland-Übergängen beitragen soll. Für den Erholung suchenden Wanderer eröffnen sich durch den parkartigen Bestand zudem neue Sichtbeziehungen nach Marburg, welche das Marburger Schloss in einer ungewohnten Weise erkennbar werden lassen. 


Wie kam der Goldberg zu seinem Namen?

Alte Karten zur Zeit der schriftlichen Flurnamensfestlegung im 19. Jahrhundert und Luftbilder aus 1935 zeigen, dass der Goldberg zu dieser Zeit weitgehend frei von Wald war. Auf seinem Plateau wurde überwiegend Ackerbau betrieben und an den Hängen befanden sich Heide- oder Hutungsflächen. Alte Fotografien und Aussagen alt eingesessener Cölber Bürger bestätigen eine intensive Beweidung der Hangbereiche des Goldbergs bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts. Diese intensive Nutzung führt auf sauren Standorten meist zur Ausbildung von Zwergstrauchheiden, die von dem in der Sonne golden leuchtenden Besenginster (Blütezeit Juni) sowie der rosa blühenden Besenheide (Blütezeit August) bestimmt wird. Nach 1945 unterblieb die Weidenutzung nicht nur aufgrund des Verdachts von Munitionsresten durch die Bombardierung der nahegelegenen Eisenbahnbrücke, sodass sich bis in unsere heutige Zeit ein dichter Waldgürtel ausbildete. Das Gold verschwand und der Goldberg wurde grün. Nachdem 2005/2006 der Waldbestand aufgelichtet, im Sommer 2006 die Fläche von Munitionsresten geräumt und großflächig eingezäunt wurde, werden die Flächen nun extensiv mit Ziegen, Schafen, Eseln und anderen Haustieren in wechselndem Besatz, je nach Anforderungen des Pflegemanagements, beweidet. 


Waldweide, was ist das überhaupt?

Unsere Landschaft sah nicht schon immer so aus, wie sie sich uns heute darstellt. Unsere Vorfahren in der Jungsteinzeit kannten noch nicht die starre Unterteilung in Acker, Grünland und Wald. Zwar rodeten sie die Wälder, um die entstehenden freien Flächen für den Anbau von Getreide zu nutzen. Die Haustiere trieben sie jedoch in den Wald. Dieser hatte in früheren Jahrhunderten eine vielseitigere Bedeutung als heute: Er war Holzlieferant, Haupternährungsgrundlage für das Vieh, war Streu und Düngerlieferant und gebietsweise sogar rotationsmäßiger Acker. Waldweide war Jahrtausende lang die Standardnutzungsform des Waldes. Vor allem Rinder, Pferde, Schafe und Ziegen, in Eichenwäldern auch Schweine, sorgten für den Verbiss des Jungwuchses bis in die von ihnen erreichbare Höhe. Dabei entstanden Lücken in der Baumschicht, und aufgrund des Lichteinfalls wanderten Gräser und Kräuter in die Krautschicht ein. Mit der Zeit bildeten sich Hutewälder mit einem mehr oder weniger offenen, parkartigen Charakter heraus. Diese Parklandschaften sind für uns Menschen von großem ästhetischem Reiz und haben auch einen unschätzbaren Wert für Naherholung und Naturerfahrung. Mit zunehmender Intensität des Weidegang, wie sie ab dem 17./18. Jahrhundert durch eine rasante Bevölkerungs- und Weideviehzunahme in einigen Regionen eintrat, löste sich der von hoher Dynamik geprägte Charakter der Hutewälder jedoch auf. Es entstanden offene, vergraste Triftflächen, Verlichtungs- und Vorwaldgesellschaften sowie Ginster- und Wacholderreiche Heiden. Dieser Übernutzung der Wälder wurde ab dem 19. Jahrhundert mit einer geregelten Forstwirtschaft ein Ende gesetzt, indem man die Mast- und Weiderechte ablöste und die devastierten Flächen wieder aufforstete. Seit dieser Zeit gingen die Hutewälder stark zurück und es bildete sich die Wald-Offenland-Trennung heraus, wie wir sie als Charakter unserer heutigen Kulturlandschaft kennen.

Schwarznasenschaf

Die Domestikation von Wildtieren ist nicht genau bestimmbar, doch dürfte sie ab dem 8. bis 9. Jahrhundert vor Christus eingesetzt haben. Zuerst wurden Schafe und Ziegen, danach Schweine, Rinder und Pferde als Haustiere genutzt. Dabei bildeten sich in den verschiedenen landschaftlichen Regionen unterschiedliche Rassen heraus, die an die jeweiligen Klima- und Futterverhältnisse angepasst waren. Mit der ab dem 19. Jahrhundert einsetzenden Zucht von Hochleistungsrassen gingen viele dieser alten Haustierrassen verloren. Heute versucht man, diese zu erhalten und zu fördern, überwiegend aus genetischen und kulturellen Gründen. So werden auch im Goldbergprojekt alte Haustierrassen als Pfleger eingesetzt: z.B. die Walliser Schwarzhalsziege oder das Walliser Schwarznasenschaf und auch Esel.  


Was bisher geschah:

Im Winter 2005/2006 wurde das Nadelholz entnommen, die Laubbäume blieben erhalten. Es entstand dadurch ein lichtdurchfluteter lückiger Gehölzbestand mit einem recht hohen Anteil an liegendem Totholz. Durch Stürme wurden in den folgenden Jahren einige der licht gestellten Bäume umgeworfen. Sie verblieben jedoch auf der Fläche und werden heute von den Ziegen als Kletterbäume genutzt. Nach Einzäunung der Fläche setzte ab Herbst 2006 die Beweidung ein. Zunächst ganzjährig mit 25 Ziegen, die aufkommenden Jungwuchs verbeissen und zurückdrängen sollten. Seit 2013 wurde die Zahl der Tiere auf 6 reduziert und nur im Sommer, je nach Futteraufwuchs, weitere hinzugestellt. Ab Oktober 2007 befanden sich zwischen Oktober und Mai 7 bzw. ab 2012 nur noch 6 Esel auf der Fläche. 2012 und 2013 ergänzten jeweils 4 Schafe den Sommer über die Weidetiere. Der Grund für einen solchen gemischten Tierbesatz ist in dem unterschiedlichen Fressverhalten zu suchen: Während Ziegen mit Vorliebe Blätter und Gehölze verbeissen, bevorzugen Schafe saftige, frische Pflanzen und Pflanzenteile, die sie sehr tief abweiden können. Esel sind zwar eigentlich Grasfresser, die auch harte Gräser verwerten können, sie kommen aber auch mit einem größeren Gehölzanteil in der Nahrung zurecht und nehmen damit eine Zwischenstellung zwischen Ziegen und Schafen ein.

Durch die Nutzung unterschiedlicher Ernährungstypen findet eine gleichmäßigere Nutzung der beweideten Fläche statt. Wichtig für Beweidungsprojekte ist auch die Auswahl einer angepassten Besatzstärke: Ist sie zu hoch, wird die Vegetation geschädigt und den Tieren muss zugefüttert werden. Ist sie zu niedrig wird die Vegetation nicht ausreichend genutzt und es kommen erneut Gehölze auf.

Es ist daher Sache des Tierhalters genau zu beobachten, wie sich der Aufwuchs entwickelt, um die Zahl der Tiere dem Nahrungsangebot anzupassen. Im Goldbergprojekt ist dies bisher ganz gut gelungen, und es zeigen sich erste Erfolge: Die Vergrasung und die Besenheidebestände nehmen zu, es entsteht langsam der Charakter einer Hutefläche.


Gemeindliches Ökokonto

Naturschutzmaßnahmen, die eine Gemeinde ohne gesetzliche Verpflichtungen oder ohne Zuschüsse aus Landesprogrammen umsetzt, können in das gemeindliche Ökokonto eingebucht werden. Dieses Ökokonto ist ein Sparbuch für die Natur, auf dem ein Biotopwertzuwachs eingebucht wird. Dabei liefert eine Kompensationsverordnung die gesetzlichen Vorgaben, wie dieser Wertzuwachs anhand von Vorher-/Nachher- Vergleichen der entsprechenden Biotope zu berechnen ist. Der Biotopwertzuwachs ist je nach Laufzeit unterschiedlich, aber umso höher, je mehr Zeit seit der Maßnahmenumsetzung verstrichen ist. Die Biotopaufwertung, die durch Umsetzung des Goldbergprojekts erreicht wird, hat die Gemeinde Cölbe als geldwerte Biotopwertpunkte in ihr Ökokonto einbuchen lassen. Inzwischen ist diese Aufwertung als Ausgleichsmaßnahme verschiedenen gemeindlichen Eingriffen in die Natur sukzessive zugeordnet worden. Aufgrund dieser vorlaufenden Naturschutzmaßnahme konnte der Schadensersatz an der Natur somit bereits bei Eingriffsbeginn wirksam werden.

Projektpartner
Fachbereich Bauen, Wasser und Naturschutz, Fachdienst Wasser und Naturschutz Im Lichtenholz 60, 35043 Marburg Ansprechpartner: Jürgen Könnemann, ( 06421 / 405-1391 Gemeinde Cölbe Kassler Straße 88, 35091 Cölbe Ansprechpartner: Thomas Wagner, ( 06421 / 9850-18 Bewirtschafter: Klaus Erber Bergblick 3, 35043 Marburg Herausgeber: Agentur Naturentwicklung Marburg- Biedenkopf Konzept, Text und Layout: © 2013 Ursula Mothes-Wagner, ( 06453 / 911678 Fotos: T. Rotarius (Heide), Jürgen Könnemann, Ursula Mothes-Wagner Lage des Projektegbietes: Gemarkung Cölbe, Kartengrundlage Stadtplan Hessen (HVBG © 2007), www.hessencd.de)