Seit dem Jahr 1660 lebten Juden in Bürgeln
Ohmtalstraße 3
In diesem Haus lebte die Familie von Isidor Wertheim.
Isidor Wertheim (*1891) war Viehhändler. Daneben betrieb er eine kleine Landwirtschaft. Im 1. Weltkrieg kämpfte er als Soldat an der Ostfront und erhielt für seine Tapferkeit das Eiserne Kreuz. Er war Mitglied im Kyffhäuser und im Bürgelner Gesangverein. Nach der Pogromnacht 1938 wurde er am 11. November in das Konzentrationslager Buchenwald verschleppt. Nach seiner Entlassung gelang es ihm, am 2. August 1939 mit seiner Familie nach Großbritannien zu entfliehen. Als ihn 1945 nach Kriegsende die Nachricht vom Tod seines Sohnes Erich und dem seiner Schwestern erreichte, starb er an einem Herzinfarkt.
Berta Wertheim, geb. Katz wurde 1892 in Watzenborn geboren. Sie heiratete Isidor Wertheim im Jahre 1921. Mit ihm hatte sie 2 Kinder: Erich und Irmgard.
Erich Wertheim wurde 1922 in diesem Haus geboren. Nach einer Lehre als Maschinenschlosser in einem jüdischen Ausbildungsbetrieb in Frankfurt gelang ihm im Oktober 1938 die Ausreise zu Verwandten in den USA. Er fiel 1945 als amerikanischer GI vor Manila.
Irmgard Wertheim erblickte in diem Haus 1926 das Licht der Welt. Sie besuchte die Volksschule in Bürgeln. 1937 musste sie zur jüdischen Schule in Marburg wechseln, die sich in der Synagoge in der Universitätsstraße befand. Am 9. November 1938 erlebte sie die Zerstörung der brennenden Synagoge mit eigenen Augen. 1946 wanderte sie mit ihrer Mutter von England in die USA aus. Sie lebten anschließend in Baltimore.
Betty Wertheim wurde 1888 in diesem Haus geboren. Sie heiratete 1921 Max Katz (*1895) aus Watzenborn. Aus der Ehe gingen die Kinder Irene (*1928) und Siegfried (*1922) - später nannte er sich Sigi Keats - hervor. Siegfried konnte nach England fliehen. Betty und Max Katz deportierten die Nazis am 30. September 1942 mit ihrer Tochter Irene von Darmstadt aus ins Vernichtungslager Treblinka, wo sie gleich nach der Ankunft ermordet wurden.
Frieda Wertheim wurde 1884 in diesem Haus geboren. Sie war mit Hely Gunzenhäuser (*1873) aus Bad Laasphe verheiratet. Ihren Kindern Sally (*1910) und Irene (*1912) sowie Metty (*1909), Helys Tochter aus erster Ehe, gelang die Ausreise in die USA. Frieda und Hely Gunzenhäuser wurden am 7. September 1942 nach Theresienstadt deportiert, von dort am 29. September 1942 in das Vernichtungslager Treblinka.
Ohmtalstraße 5 Bürgeln
In diesem Haus lebte bis 1939 die Familie Hess.
Der aus Oberasphe stammende Viehhändler Albert Hess (*1882) heiratete 1912 Berta Wertheim, die Cousine von Isidor Wertheim, und zog später in das Wertheimsche Haus Nr. 36 - heute Ohmtalstraße 5 - in Bürgeln ein. Im 1. Weltkrieg verlor Albert als Soldat das rechte Bein. Das Ehepaar hatte 4 Kinder: Julius (*1911), Erna (*1913), Fritz (*1915) und Martin (*1924). Julius Heß wanderte bereits 1930 in die USA aus. 1939 konnte Albert Hess mit seiner Frau Berta in die USA fliehen.
Berta Hess wurde in diesem Haus 1882 als Tochter von Nanny (Nannchen) und Jakob Wertheim geboren. Nach ihrer Flucht 1939 lebte sie mit ihrem Mann Albert und ihren Kindern in Baltimore (USA).
Erna Hess wurde 1913 in diesem Haus geboren. 1934 wanderte sie infolge der immer stärker werdenden antijüdischen Repressionen in die USA aus.
Fritz Hess, der hier 1915 geboren wurde, folgte seinen Geschwistern 1936.
Martin Hess erblickte 1924 in diesem Haus das Licht der Welt. Im Mai 1939 versuchte er, gemeinsam mit 905 Jüdinnen und Juden mit dem Schiff St. Louis in die USA zu entkommen. Die neu an die Macht gekommmene Regierung von Cub weigerte sich, die Passagiere an Land zu lassen. Auch die USA und Kanada nahmen die Flüchtlinge nicht auf. Dem mutigen Kapitän Schröder gelang es, die Passagiere in Antwerpen an Land zu lassen. Martin konnte dann vor dem Einmarsch deutscher Truppen 1939 noch in die USA fliehen.
Jettchen Wertheim, verh. Marx, wurde 1873 in diesem Haus geboren. Sie heiratete Sußmann Marx (*1865) und wohnte dann in Grüsen (im heutigen Landkreis Waldeck-Frankenberg). Aus ihrer Ehe gingen die Töchter Hannchen, genannt Hedwig (*1897), Betty (*1899), Flora (1901-1903) und Paula (*1905) sowie die Söhne Walter (*1910) und Wilhelm (*1916) hervor. Alle ihre Kinder konnten rechtzeitig vor den Nazis nach Palästina (Walter) oder in die USA fliehen. Sußmann Marx starb 1941. Er wurde auf dem Jüdischen Friedhof in Grüsen begraben. Seine Witwe Jettchen Marx wurde am 7. September 1942 nach Theresienstadt deportiert und von dort am 29. September 1942 nach Treblinka, wo sie ums Leben kam.talstraße 5
Marburger Landstraße 34
In diesem Haus wurde Frieda Wertheim 1877 als Tochter von Daniel Wertheim geboren.
Sie arbeitete als Haushälterin bei der Familie des jüdischen Kaufmanns Isaak Strauß in der Wettergasse 29 in Marburg.
Am 6.9.1942 wurde sie mit dem letzten Transport aus Marburg in das KZ Theresienstadt deportiert, wo sie unmittelbar danach ums Leben kam.